Januar 2001

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)

Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P.
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Erzwingung der Loyalität

Resumé des Jahresberichtes 2000

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Ausmerzung von politischem Dissens
  3. Beschneidung der Religionsfreiheit
  4. Kultivierung von chinesischem Überlegenheitsgefühl
  5. Kontrolle über Frauen und Kinder
  6. Tibeter werden in die Verarmung getrieben
  7. Empfehlungen

Teil 1

Einleitung

Pekings Obsession hinsichtlich Stabilität und Kontrolle in Tibet war das Leitthema des Jahres 2000. China bleibt weiterhin eine der wenigen Nationen der Erde, in denen Menschenrechtsmißbräuche institutionalisiert sind und das Volk in unannehmbarer Weise von Überwachung und Restriktionen bedrückt wird. Dabei herrscht eine totale Mißachtung der grundlegenden bürgerlichen und politischen Rechte, etwa des Rechtes auf freie Meinungsäußerung und Versammlung.

Im vergangenen Jahr verschärfte Peking in Tibet alte Bestimmungen und führte neue restriktive Maßnahmen zur Festigung seiner Kontrolle ein. Religiöse und politische Aktivitäten wurden zunehmend eingeschränkt, die Kontrolle der religiösen Einrichtungen wurde verschärft, die Aufstellung von Dalai Lama Photos verboten und die Überwachung durch die Parteikader wurde strenger.

Umgekehrt war es auch ein Jahr, in dem Peking international einige verzweifelte Versuche zur Verbesserung seines Image unternahm. So wurde eine profilierte Propagandamaschinerie - etwa das Weißbuch mit besonderer Blickrichtung auf Tibet - eingesetzt, um die Welt von angeblichen, in Sachen Menschenrechte und der Erhaltung der tibetischen Kultur gemachten Fortschritten zu überzeugen. China ging sogar so weit, eine Vereinbarung mit dem UN Hochkommissariat für Menschenrechte über die Realisierung von Menschenrechtsstandards zu unterzeichnen.

Seit Mitte der neunziger Jahre betrieb Peking in der internationalen Arena intensive Lobby-Arbeit, um den von vielen Ländern bei ihren Menschenrechtsbeziehungen zu China eingeschlagenen "Konfrontationskurs" in einen das Gesicht wahrenden "bilateralen Dialog" zu verwandeln. Die ernste Verschlechterung der Menschenrechtslage sowohl in Tibet als auch in China läßt jedoch Zweifel an der Wirksamkeit dieses neuen Umgangs mit Menschenrechtsfragen aufkommen. Der kürzliche parlamentarische Bericht Großbritanniens zu China zeugt von der Nutzlosigkeit solch eines Dialogs und mahnt die britische Regierung, eine härtere Linie einzuschlagen.

Die Unterdrückung in Tibet in diesem Jahr betraf hauptsächlich die religiöse Freiheit. Die gesamte tibetische Bevölkerung litt ohne Ausnahme an Übergriffen auf ihr Recht auf Glaubensfreiheit. Die Behörden gingen so weit, bei Überraschungskontrollen auf Altäre, buddhistische heilige Schriften und Bilder des Dalai Lama sogar die Privathäuser von politisch uninteressierten Tibetern zu durchwühlen.

Die Intensivierung der "patriotischen Umerziehungskampagne", die auf die Indoktrinierung der Mönche und des Volkes im allgemeinen gegen den Dalai Lama, seine "Clique" und das Fundament der tibetischen Kultur und religiösen Tradition gerichtet ist, stand bei den Behörden in diesem Jahr im Vordergrund. Sogenannte "Arbeitsteams" wurden zur Durchführung dieser Kampagne pausenlos sogar in die entlegensten Klöster entsandt. Die Auferzwingung der "patriotischen Umerziehung" konnte jedoch nicht die Treue der Tibeter zum Dalai Lama untergraben. In der Tat protestierten viele gegen sie und wurden als Resultat mit Gefängnishaft bestraft oder aus ihren Einrichtungen ausgeschlossen.

Das Jahr 2000 war von einer zunehmenden Paranoia bei den Behörden hinsichtlich der "kommunistischen Gesinnung" der Parteikader und Beamten auf allen Ebenen der Regierung der Autonomen Region Tibet gekennzeichnet. Diese Personengruppe wurde besonders vielfältigen und ständigen Prüfungen in bezug auf ihre Loyalität zur kommunistischen Partei unterzogen. Es wurde nicht nur von ihnen erwartet, daß sie bei der Ausführung von Befehlen stets an vorderster Front stehen, sondern sie erfuhren durch genaue Beobachtung und ständige Überwachung auch drastische Eingriffe in ihre private Lebenssphäre.

Um den Brutalitäten der Chinesen zu entgehen und in den Genuß der Grundfreiheiten zu kommen, kämpfen sich Tausende von Tibetern jedes Jahr sogar in den härtesten Wintermonaten über den Himalaya. Der fortwährende Flüchtlingsstrom, der sich aus Tibet ergießt, um den heftigen Repressionen zu entfliehen, bestätigt die ständig gegen Peking wiederholten Vorwürfe wegen seiner eklatanten Mißachtung sowohl ratifizierter als auch unterzeichneter internationaler Abkommen, der eigenen chinesischen Gesetze und selbst der chinesischen Verfassung. Von den annähernd 2.660 Tibetern, die im Jahr 2000 ins Exil flohen, waren 900 Kinder unter 18 Jahren, 507 Frauen und 642 Mönche/Nonnen. Diese Flüchtlinge stellen eine fortlaufende Informationsquelle über die derzeitige Lage in Tibet dar. Trotzdem ist das TCHRD der Ansicht, daß die in diesem Bericht gebotene Information nur einen Bruchteil der wahren Situation im heutigen Tibet darstellt.

Teil 2

Ausmerzung von politischem Dissens

Das TCHRD dokumentierte 26 Verhaftungen über das Jahr 2000 - alle wegen politischer Aktivitäten, die als "Gefährdung der Staatssicherheit" ausgelegt wurden. Mit der Revision des Strafgesetzes (Criminal Procedure Law) und der Neudefinierung des Strafbestandes "konterrevolutionäre Aktivität" als "Gefährdung der Staatssicherheit" hat Peking die anhaltende Praxis der willkürlichen Verhaftung zur Unterdrückung "subversiver Meinungen" abgesegnet. In den meisten Fällen wurden Tibeter deswegen festgenommen, weil sie bei friedlichen Protesten mitmachten oder weil sie Bilder und Audiokassetten des Dalai Lama besaßen. Ebenso sehen sich Rückkehrer aus Indien strenger Überwachung und Kontrolle ausgesetzt. Sie gelten als Kollaborateure mit der "Dalai Clique" und als Separatisten. Erneut wurden Restriktionen über sie verhängt, was zur Entlassung von 29 Touristenführern und der vermutlichen Festhaltung von etwa 50 Schülern führte, die auf dem Rückweg von Schulen in Indien nach Hause waren.

Folter ist ein häufiges Vorkommnis in Haftzentren und Gefängnissen in Tibet, was zu vielen ernsten körperlichen und seelischen Verletzungen und sogar Todesfällen führt. Fast alle verhafteten Gefangenen wurden während ihrer Gefangenschaft irgendwann einmal entweder durch die Beamten des Public Security Bureau (Amt für Öffentliche Sicherheit) oder die Gefängniswachen oder oftmals durch beide brutal mißhandelt. Insgesamt 37 politische Gefangene sahen ihre Urteile verlängert, und neun von ihnen aus Kandze stammende Gefangene bekamen weitere 5 Jahre aufgebrummt.

Gewisse Strafmaßnahmen wurden eingeführt, um die Loyalität von tibetischen Kadern dem Pekinger Regime gegenüber zu testen. Diese schlossen ein Verbot jeglicher sichtbaren religiösen Ausübung und Zurückrufung ihrer Kinder aus den vom Dalai Lama in Indien betriebenen Schulen ein. "Beförderungsstop und Versetzung ohne Zögern" wurden als Strafe für jene Kader und Regierungsangestellte genannt, die sich nicht unter eine Politik zwingen lassen wollten, die nicht nur sie selbst, sondern auch das Leben ihrer Angehörigen und deren Zukunft beeinträchtigt.

Teil 3

Beschneidung der Religionsfreiheit

Drakonische Kampagnen mit dem Ziel der Vernichtung der besonderen kulturellen und ethnischen Identität der tibetischen Rasse wurden dieses Jahr von der Pekinger Regierung eingeleitet. Nicht nur über die religiösen Einrichtungen wurde scharfe Überwachung und Kontrolle ausgeübt, sondern auch über die "Kaderkontingente" und die allgemeine Bevölkerung. Weil nun einmal Religion ein Hauptwesenszug der tibetischen Psyche ist, wird sie vom Staat als die Grundursache der "separatistischen Aktivitäten" und Instabilität in Tibet angesehen.

Eine Razzia auf 18 Häuser von tibetischen Künstlern der in Lhasa ansässigen Tibetischen Operngesellschaft im Juni 2000 zur Beschlagnahmung religiöser Objekte, Altäre und Statuen zeigt deutlich Pekings Argwohn, der tibetische Nationalismus stünde in direktem Zusammenhang mit der religiösen und kulturellen Identität der Tibeter. Strenge Order wurde gegen die Begehung der traditionellen tibetischen Feste erlassen, besonders der Feiern zum Geburtstag des Dalai Lama.

Im Zuge der "patriotischen Umerziehungskampagne" rückten die "Arbeitsteams" in die Klöster vor, um die Mönche/Nonnen zu indoktrinieren. Die unendlich langen politischen Unterrichtsklassen ließen ihnen keine Zeit mehr zum Studium der buddhistischen Schriften und für Gebetszeremonien. Eines der Kernziele dieser Kampagne ist der Kampf gegen die tiefe Hingabe des tibetischen Volkes an den Dalai Lama und gegen den Einfluß der "Dalai Clique".

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) verzeichnete als direkte Folge dieser "patriotischen Umerziehung" 862 monastische Ausweisungen - darunter 147 Nonnen - im Jahre 2000. Damit ist die Gesamtzahl von Mönchen und Nonnen, die unter der Wucht dieser Kampagne aus ihren Institutionen ausgewiesen wurden, auf 12.271 angestiegen. Nonnen und Mönche machen etwa 73% der derzeit in Gefängnissen in Tibet eingesperrten und uns bekannten 451 politischen Gefangenen aus.

Teil 4

Kultivierung von chinesischem Überlegenheitsgefühl

Tibeter leiden weiterhin unter unfairer Behandlung auf den Sektoren der öffentlichen Vertretung, der Bildung, der Beschäftigung, des Wohnungs- und Gesundheitswesen. Darüber hinaus trägt die absichtlich verfolgte Politik der Bevölkerungsverlagerung von Chinesen nach Tibet zur weiteren Diskriminierung gegen Tibeter bei. Zeugnisse von Flüchtlingen lassen ein tief sitzendes Rassenvorurteil bei chinesischen Arbeitgebern erkennen, die automatisch Tibeter als "inkompetent und rückständig" kategorisieren. Auf dem Beschäftigungssektor läßt sich allgemein sehen, daß Tibeter ganz automatisch untergeordnete Stellen haben und Chinesen die höheren Posten einnehmen. Unter solchen Umständen gaben viele Tibeter an, die einzige Methode, eine Stelle zu bekommen, sei durch Korruption und guanxi (Beziehungen zu Beamten). Ebenso ist die Diskriminierung bei den Löhnen weit verbreitet: Oftmals bekommen Tibeter für denselben Job Gehälter, die gerade die Hälfte und manchmal sogar noch weniger als die ihre chinesischen Kollegen betragen.

Die Struktur und die Finanzierung des Erziehungssystems heutzutage in Tibet sind auch in hohem Maße diskriminierender Natur angesichts der Tatsache, daß die staatlichen Mittel weitgehend auf den Aufbau von Schulen in Gebieten mit einem hohen Bevölkerungsanteil an Chinesen konzentriert werden. Einige Tibeter auf dem Lande wurden gezwungen, Erziehungseinrichtungen selbst zu finanzieren und auf ihre eigenen Kosten und zu bauen. Tibetische Kinder und ihre Eltern berichten, daß horrende Gebühren bezahlt werden mußten neben allerlei sonstigen Ausgaben, welche von den chinesischen Schülern nicht verlangt werden - ganz entgegen der Behauptung der chinesischen Zentralregierung, die Volksschulbildung sei umsonst.

Tibeter sehen sich weiterhin enormer Diskriminierung im Wohnungswesen ausgesetzt. Benachteiligende Zuteilungsschemen garantieren den chinesischen Einwanderern, daß sie entweder gleich bei ihrer Ankunft in Tibet eine Wohnung erhalten oder ganz oben auf die Warteliste kommen. Um Platz für die neu ankommenden Chinesen zu schaffen, wurden viele tibetische Familien aus ihren traditionellen Heimen vertrieben, oder diese wurden abgerissen. Die so ihrer Wohnung Beraubten bekamen oftmals keine Entschädigung und mußten, oft nach langen Wartezeiten, gar noch horrende Mieten für neue Behausungen zahlen.

Die kommunistische Kontrolle erfaßt jede Gesellschaftsschicht, und die Tibeter haben heutzutage genauso wenig politische Meinungsfreiheit wie während der finsteren Tage der Kulturrevolution. Es gibt zwar eine gewisse Zahl an Tibetern, die innerhalb dieses Systems gehobene Stellungen innehaben, doch diese stellen nur eine symbolische Repräsentation dar und haben keine wirkliche oder effektive Entscheidungsbefugnis. Meistens fungieren diese Stellenbesetzungen nur als Marionetten für die Partei oder sie sollen den Anschein geben, daß Tibeter bei der Verwaltung ihres eigenen Landes mitbeteiligt seien.

Teil 5

Kontrolle über Frauen und Kinder

Die Berichte der Flüchtlinge beweisen, daß viele tibetische Frauen als Folge der aufgezwungenen und unsachgemäßen Verfahren zur Sterilisierung und Empfängnisverhütung bleibende Schäden erleiden oder gar sterben. Minderwertige Einrichtungen zur Gesundheitsfürsorge, Medikamente schlechter Qualität, und unqualifiziertes, medizinisches Personal haben zu einem miserablen Pflege- und Hygienestandard in den Krankenhäusern geführt. Enorme Geldstrafen werden für Mißachtung der Geburtenkontrollpolitik verhängt, und "über die Quote geborenen" Kindern werden die Grundrechte auf Staatsbürgerschaft, Gesundheitsfürsorge und Ernährung verweigert.

Frauen, insbesondere Nonnen, werden immer noch verfolgt, wenn sie um ihr Recht auf Ausübung ihrer Religion in diesem System kämpfen. Viele werden aus ihren Klöstern ausgewiesen und dürfen keine religiösen Tätigkeiten mehr ausüben, während andere mit langen Haftstrafen belegt werden. Ein unverhältnismäßig hoher Prozentsatz der wegen ihrer politischen oder religiösen Überzeugung inhaftierten Tibeter sind Nonnen.

Tibetische Kinder sind die Leidtragenden eines immer mehr diskriminierenden Erziehungssystems. Nicht nur mangelt es im Schullehrplan an tibetischem Lehrstoff, sondern an den meisten Schulen ist das Unterrichtsmedium auch noch Chinesisch. Darüber hinaus verhindern hohe Schulgebühren und untragbar weite Anmarschwege, daß die Schüler Zugang zu den wenigen zur Verfügung stehenden Einrichtungen haben. Mit der Einführung des Mindestalters für religiöse Einrichtungen bleibt den Kindern auch die monastische Erziehung verwehrt trotz ihres Wunsches, ihr nachzugehen.

Tibetische Frauen sehen sich doppelt benachteiligt, wenn es um die Beschäftigung geht. Viele junge Mädchen, die eine ernsthafte Arbeit suchen, landen in dem blühenden Gewerbe der Prostitution in den Stadtgebieten. Die Prostitution und die Krankheiten, die diese mit sich bringt, stellen einen ernsten und wachsenden Grund zur Besorgnis in Tibet dar.

Teil 6

Tibeter werden in die Verarmung getrieben

Es wird berichtet, daß über 70% der in der Autonomen Region Tibet (TAR) ansässigen Tibeter unter der Armutsgrenze leben. Probleme der Armut und der Grundfragen des Überlebens beherrschen heutzutage die Struktur des täglichen Lebens in tibetischen Gebieten. Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung sieht sich von den Problemen des Nahrungsmittelmangels, des Zugangs zu medizinischer Versorgung, Unterricht, Beschäftigung und Wohnung bedrängt.

Peking pocht ständig auf die Verbesserungen, welche die "Entwicklung" in Tibet mit sich gebracht hätte. Im Namen der Entwicklung wird vom Staat einer riesigen Zahl von Chinesen Anreiz geboten, sich in Tibet niederzulassen. Ihr Dasein bedroht den Lebensunterhalt des tibetischen Volkes und stellt den Angelpunkt der von der Regierung beabsichtigten Integration der tibetischen Wirtschaft in die chinesische dar. Chinesische Immigranten dominieren inzwischen die tibetische Wirtschaft, und heutzutage befinden sich praktisch alle Geschäfte in Tibet in ihrem Besitz. Der von fünf Jahrzehnten chinesischer Herrschaft verursachte Schaden hat die "Entwicklung" zu einer gebrandmarkten und kontroversen Angelegenheit gemacht.

Im Widerspruch zu Pekings offiziellen Angaben, von tibetischen Bauern und Nomaden würden keine Steuern erhoben, klagten in fast jedem einzelnen vom TCHRD mit Flüchtlingen durchgeführten Interview die tibetischen Bauern und Nomaden ganz speziell darüber, daß sie von horrenden Steuern bedrückt wurden. Die Besteuerungspolitik betrifft fast jeden Aspekt der Existenzbestreitung - angefangen von Steuern auf jeden Einwohner gibt es weitere auf Vieh, Ernteerträge, Weideland, Tierhäute und Schulbildung. Obwohl es ein Recht auf Lebensunterhalt gibt, werden die Mittel dazu schwer eingeschränkt. Eindeutig fehlt jegliche Verantwortlichkeit oder Möglichkeit zur Beschwerde gegen die in den meisten Fällen harten, unfairen und diskriminierenden Steuern.

Weiterhin stellen Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung ernste Probleme in Tibet dar. Viele Tibeter aus Bauern- und Nomadenfamilien halten sich für beschäftigt in der Hinsicht, daß sie trotz ihres Wunsches, einem anderen Beruf nachzugehen, eben helfen, das Vieh ihrer Sippe zu hüten oder sich zu niedrig bezahlten Bau- oder Forstarbeiten verdingen. Ihre Chance, die gebotenen Beschäftigungsmöglichkeiten wahrzunehmen, wird ernsthaft von den absichtlich in das System integrierten Ungleichheiten beeinträchtigt. Diese Unterbeschäftigung in Landbezirken erscheint um so brisanter, wenn sie in Zusammenhang mit Chinas geplanter Urbanisierung gebracht wird.

Teil 7

Empfehlungen

  • Das TCHRD bittet internationale Gremien eindringlich, dafür zu sorgen, daß China den ICCPR = International Covenant on Civil and Political Rights (Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte) und den ICESCR = International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) endlich ratifiziert und sofortige Schritte unternimmt, um die in diesen zwei Verträgen verankerten Rechtsnormen in seine nationale Gesetzgebung zu integrieren und sie auch in die Tat umzusetzen.

  • Das TCHRD ersucht den Sonderberichterstatter für Rassismus, Rassendiskriminierung und Fremdenfeindlichkeit, Tibet zu besuchen und die Auswirkung der chinesischen Regierungspolitik auf das Erziehungswesen, die Beschäftigungslage, die öffentliche Vertretung, Gesundheit und Bildung zu begutachten, wo überall das tibetische Volk in Nachteil gesetzt wird.

  • Das TCHRD fordert, daß die chinesische Regierung die Dimension und Reichweite des Begriffes "Gefährdung der Staatssicherheit" in ihrem Strafgesetz klärt und definiert: In seiner gegenwärtigen zweideutigen Form wird er nämlich verwendet, um eine ganze Reihe von legitimen Rechten, darunter das Recht auf Redefreiheit und freie Meinungsäußerung zu unterdrücken.

  • Das TCHRD fordert nachdrücklich die Freilassung aller politischer Gefangener, die von der chinesischen Regierung festgehalten werden, einschließlich derjenigen, die wegen Ausübung ihres Rechtes auf Rede- und Meinungsfreiheit eingesperrt sind.

  • Das TCHRD verlangt, daß die Bediensteten aller Abteilungen des Sicherheitsdienstes ab sofort und für immer auf ihre Schlagstöcke verzichten. Der Elektroschock-Schlagstock, von dem Polizei und Gefängnispersonal oftmals auf brutale und erniedrigende Weise Gebrauch machen, wird insbesondere in der geschlechtsspezifischen Folterung von weiblichen Gefangenen eingesetzt.

  • Unter Verstoß gegen alle internationalen Normen über die Rechte des Kindes hält die chinesische Regierung Gedhun Choekyi Nyima, den 11. Panchen Lama Tibets, seit Mai 1995 gefangen. Das TCHRD verlangt die sofortige Freilassung dieses jüngsten Gewissensgefangenen der Welt.

  • Die inoffizielle Sanktionierung der Prostitution in tibetischen Wohngebieten trägt zu ihrem Zunehmen bei und steht im Widerspruch zu den in der VR China sonst geltenden Normen. Das TCHRD verlangt, daß die chinesische Regierung durch strenge Anwendung der Gesetze, welche Prostitution als illegal einstufen, für die Eindämmung dieses Übels in Tibet sorgt.

  • Tibeter werden von einer harten und diskriminierenden inoffiziellen Steuerpolitik belastet. Das TCHRD fordert die chinesische Regierung auf, besonders für das landwirtschaftliche Tibet eine durchsichtigere Besteuerungspolitik zu schaffen, um ein realistisches System und eine Unterbindung des Machtmißbrauches durch die lokalen Behörden zu garantieren.

  • Ausgehend von der Politik, welche in der von China mit dem UN Hochkommissariat für Menschenrechte in 2000 unterzeichneten Vereinbarung niedergelegt ist, bittet das TCHRD die chinesische Regierung, für Regierungsangestellte, Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Polizei- und Gefängnispersonal, Universitätsdozenten und Lehrer Ausbildungsprogramme in Menschenrechten zu organisieren.

  • Das TCHRD ersucht die internationalen Gremien, welche sich mit der chinesischen Regierung zu dem "bilateralen Dialog" über Menschenrechte eingelassen haben, zuzugeben, daß dieser bis zum heutigen Tag keine positiven Resultate gezeitigt hat, sondern andauernd nur benutzt wurde, um internationaler Überprüfung und Rechenschaft zu entgehen. Dieser unproduktive Prozeß sollte eingestellt werden.

  • Das TCHRD ruft die chinesische Regierung auf, unverzüglich die Praxis der Entsendung von "Arbeitsteams" in die religiösen Institutionen einzustellen und von allen Versuchen Abstand zu nehmen, Mönche und Nonnen zur Unterwerfung unter die in dem "patriotischen Umerziehungsunterricht" propagierte Politik zu zwingen.

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